Warum Keramik in der Implantologie?

Das kommentierte
Literaturverzeichnis

Fachinformationen zu Keramikimplantaten

In der zahnärztlichen Implantologie gewinnen Keramikimplantate  zunehmend an Bedeutung und sind eine ernst zu nehmende Ergänzung zu der bewährten implantologischen Therapie mit Titanimplantaten. Insbesondere haben intsensive Forschung und eine rasante Weiterentwicklung der Bereiche Materialien, Oberflächengestaltung und restaurative Versorgung dazu beigetragen. Kurz und mittelfristige wissenschaftliche Daten liegen bereits vor – weitere Studien müssen folgen. Es ist wichtig, diese Daten richtig zu bewerten, korrekt zu interpretieren und für eine breitere Anwendung zu klassifizieren, sie objektiv zu transportieren und mit Hintergrundwissen in die Praxis umzusetzen. Offene Fragen müssen im Interesse des Patienten evidenzbasiert diskutiert und beantwortet werden.

 

In diesem Bereich “Fachinformationen” werden daher durch den wissenschaftlichen Beirat der ESCI sorgfältig erarbeitete, wissenschaftlich fundierte und evidenzbasierte Fakten über Keramikimplantate und deren Anwendung themenspezifisch  zusammen gestellt und fortlaufen aktualisiert.

Keramikimplantate

Keramikimplantate...ein neuer Weg?

Implantologie mit Implantaten aus “Zirkonoxid”

Die dentale Implantologie hat sich als wichtige Behandlungsmethode in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde etabliert und basiert auf der biologischen und funktionellen Stabilisierung des Implantates im umliegenden Knochengewebe, genannt Osseointegration. Als „Goldstandard“ haben sich schraubenförmige, metallische Implantate aus Titan oder einer speziellen Titan-Zirkonium Metalllegierung etabliert. Zahlreiche experimentelle und klinische Studien belegen die ausgezeichnete osseointegrative Kapazität und klinische Zuverlässigkeit von Titanimplantaten mit mikrorauer Oberflächentopographie

Die Entwicklung von Hochleistungskeramiken eröffnete sowohl Patienten als auch Behandlern neue, metallfreie Behandlungsoptionen. Aufgrund der überlegenen biomechanischen und biokompatiblen Eigenschaften hat sich Zirkoniumdioxid (Zirkonoxid, ZrO2) gegenüber anderen Oxidkeramiken durchgesetzt und findet seit etwa 25 Jahren in der Zahnmedizin Verwendung. In den letzten Jahren hat sich Zirkonoxid auch in der zahnärztlichen Implantologie als Alternative zu Titan auf dem Markt durchgesetzt. Um Zirkonoxid dauerhaft als Alternative zu Titan für die Implantatherstellung zu etablieren, müssen Keramikimplantate entwickelt werden, die verlässlich in Knochengewebe einwachsen können. Daher müssen auch ZrO2-Implantate eine ähnlich mikroraue Oberflächentopographie besitzen wie moderne Titanimplantate. Jedoch ist es aufgrund der Materialeigenschaften sehr schwierig bei ZrO2-Implantaten eine mikroraue Oberfläche zu erzeugen ohne dabei die biomechanische Festigkeit der Keramik zu schwächen. Die anfänglich seit ca. 2004 auf dem Markt etablierten ZrO2-Implantatsysteme hatten ein 1-teiliges Implantatdesign und schon eine „angeraute“ Oberfläche, jedoch gab es noch Unterschiede zur mikrorauen Oberflächentopografie von modernen Titanimplantaten. Darüber hinaus wurden – aufgrund von materialspezifisch nicht optimierten Herstellungsverfahren – vereinzelt auch Implantatfrakturen berichtet. Daher zeigten die frühen 1-teiligen ZrO2-Implantate der „ersten Generation“ noch Defizite bezüglich der klinischen Verlässlichkeit. Parallel zur Optimierung der Oberflächen und der Herstellungsverfahren wurde auch das Makro-Design der Implantate angepasst und die ersten 2-teiligen ZrO2-Implantate entwickelt und auf dem Markt etabliert. Dieser Prozess war nicht zuletzt geprägt vom Wunsch viele Anwender und bestätigt auch in der Keramik-Implantologie den Trend hin zur „Zweiteiligkeit“. Eine Vielzahl unterschiedlicher ZrO2-Implantatsysteme ermöglichen inzwischen die Versorgung von teilbezahnten und zahnlosen Patienten, jedoch sind viele Anwender noch sehr skeptisch bezüglich der klinischen Anwendung von kommerziell erhältlichen Produkten.

Evidence...wie zuverlässig sind Keramikimplantate?

Klinische Daten zu Keramikimplantaten

ZrO2-Implantate sind seit Anfang  der 2000 Jahre auf dem Markt verfügbar. Über die weiteren Jahre wurde und wird der industrielle Implantatherstellungs- und Verarbeitungsprozess angepasst und optimiert.. Neben der Entwicklung neuer Oberflächenstrukturenwurde ein Augenmerk auf verschiedene makroskopische Designs der Implantate gelegt.. Hatten die ersten ZrO2-Implantate noch ein 1-teiliges Design, sind mittlerweile auch 2-teilige ZrO2-Implantatsysteme auf dem Markt verfügbar geworden. So ist die Anfertigungen von reversibel-verschraubten prothetischen Rekonstruktionen möglich. In den letzten Jahren sind zahlreiche klinische Studien veröffentlicht worden. Diese unterscheiden sich jedoch in der Verschiedenartigkeit der Implantatsysteme, die untersucht und in den Überlebensraten, über die berichtet wurden, voneinander. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss berücksichtigt werden, dass aktuelle Publikationen der letzten Jahre Ergebnisse von ZrO2-Implantaten aufführten, die so nicht mehr kommerziell erhältlich sind. In mehreren  Meta-Analysen konnte gezeigt werden, dass die unterschiedlichen Implantatsysteme signifikant unterschiedliche Überlebensraten haben.

In einem systematischen Review mit Meta-Analyse konnten Pieralli und Mitarbeiter 9 wissenschaftliche Artikel nach Anwendung spezifischer Kriterien einschließen. Für den marginalen Knochenverlust wurde eine Meta-Analyse durchgeführt und für das Überleben der Zirkonoxidimplantate deren zwei. Es konnten 398 Implantate bei 326 Patienten ausgewertet werden. Von diesen 398 Implantaten wurden 104 mit Brücken versorgt und der Rest mit Einzelkronen. Die erste Metaanalyse zeigte ein Implantatüberleben von 96% nach einem Jahr. Die zweite, die auf Nachuntersuchungszeiträumen über einem Jahr basierte, berechnete eine Implantat-Verlustrate von 0,05% pro weiterem Jahr. Der periimplantäre marginale Knochenverlust nach 12 Monaten betrug 0.79 mm. Es wurden hier keine Unterschiede bezüglich der Art der Versorgung, des Belastungsprotokolls oder des Implantatdesigns festgestellt (1- oder 2-teilig). Die Autoren schlossen aus ihren Ergebnissen, dass die Überlebensrate und die Rate des Knochenverlustes nach einem Jahr nicht unterschiedlich zu 2-teiligen Titanimplantaten sind und daher als vielsprechend angesehen werden können.

 

In einem weiteren systematischen Review wurden alle klinischen Studien aufgenommen, die ZrO2-Implantate über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten bei mindestens 10 Patienten nachuntersuchten. Die 1-Jahres Meta-Analyse zeigte eine signifikant höhere Überlebensrate für kommerziell erhältliche ZrO2-Implantate (98.3%) im Vergleich zu den ZrO2-Implantaten, die zwar wissenschaftlich untersucht wurden, jedoch nicht mehr kommerziell auf dem Markt verfügbar sind (91.2%). In Bezug auf Implantatfrakturen konnte gezeigt werden, dass sich die Frakturrate zwischen 2004 und 2017 von 3,4% auf 0,2% verbessert hat. Interessanterweise waren die Unterschiede bezüglich des marginalen Knochenverlustes nach 1 Jahr zwischen beiden Untersuchungsgruppen nicht statistisch signifikant (kommerziell erhältlich: 0.7 mm; kommerziell nicht erhältlich: 1.0 mm). Darüber hinaus konnte für die kommerziell erhältlichen Implantate eine 2-Jahresüberlebensrate von 97.2% berechnet werden, wobei Co-Faktoren wie beispielsweise Implantatdesign, Belastungsprotokoll, simultan durchgeführte Knochenaugmentationen und Art der prothetischen Rekonstruktion keinen signifikanten Einfluss auf die Überlebensrate hatten. In diesem Zusammenhang darf ergänzt werden, dass nicht alle momentan auf dem Markt befindlichen ZrO2-Implantate wissenschaftlich untersucht sind.

Haro Adanez und Kollegen führten ebenfalls ein systematisches Review mit Meta-Analyse über die Ergebnisse von Zirkonoxidimplantaten durch. Sie schlossen insgesamt 17 Untersuchungen in ihrer Übersicht ein. Diese Untersuchungen umfassten 1002 Patienten mit 1704 Implantaten (1521 1-teilige Implantate 183 2-teilige Implantate). Der Beobachtungszeitraum umfasste 1 bis 7 Jahre und die mittlere Überlebensrate wurde mit 95% berechnet. 1-teilige Implantate zeigten eine Überlebensrate von 95%, 2-teilige von 94%. Die Meta-Analyse bezüglich des Knochenverlustes umfasste 11 Untersuchungen mit einem mittleren Verlust von 0,98 mm. Die Heterogenität von Implantatüberleben und Knochenverlust beurteilten die Autoren als statistisch signifikant. Die Ergebnisse für 1-teilige Implantate wurde auf Grundlage der vorhandenen Evidenz als gut bezeichnet, wohingegen die Evidenz für 2-teilige Implantate, deren klinische Anwendung nicht rechtfertigen.

Die erwähnten Meta-Analysen beinhalten natürlich nur die zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügbare wissenschaftliche Literatur.

Die Literatur für kommerziell erhältliche ZrO2-Implantate, im zeitlichen Rahmen der Meta-Analysen und danach, beschränkt sich im Moment auf maximal 5 Jahre.

  Der Werkstoff Zirkondioxid

Zirkondioxid...was ist das für ein Material?

Der Werkstoff “Zirkondioxid”

Zirkonoxid ist ein aus Zirkonium, Sauerstoff und anderen Bestandteilen zusammengesetzter Werkstoff, wobei die einzelnen Elemente in einem Kristallgitter fest miteinander verbunden sind, d. h. der Sauerstoff ist fester Bestandteil des Materialgefüges. Im Gegensatz dazu bildet sich bei metallischen Implantaten aus Titan lediglich eine stabile jedoch sehr dünne Oxidschicht auf der metallischen Oberfläche, wenn diese der Luft ausgesetzt ist. Diese „Schutzschicht“ verleiht dem Metall keinerlei physikalische keramische Eigenschaften, sie sorgt aber dafür, dass es zwischen Titan und angrenzendem biologischen Material keine unerwünschten Wechselwirkungen gib. Daher ist Titan an sich kein bioinertes Material, sondern erhält seine bioinerten Eigenschaften durch die stabile Oxidschicht. Darüber hinaus sollte beachtet werden, dass umgangssprachlich ZrO2-Keramiken oftmals fälschlicherweise als Zirkonium oder auch als Zirkon bezeichnet werden. Bei Zirkonium handelt es sich um das Reinmetall, dessen Element, identisch zu Titan, in der 4. Gruppe des Periodensystems zu finden ist. Bei Zirkon handelt es sich um den Silicatsand Zirconiumsilicat (ZrSiO4), der in verschiedenen weiteren technischen Verfahren in Zirkoniumdioxid überführt werden kann. Die keramischen Zirkonoxid-Verbindungen müssen streng vom Metall Zirkonium und von Zirkonium-Metalllegierungen unterschieden werden. Im Gegensatz zu den Metalllegierungen (z. B. Titan-Zirkonium Legierung) sind die einzelnen Elemente bei der Oxidkeramik nicht durch eine metallische sondern durch eine so genannte ionische Bindung fest miteinander verbunden. Diese ionische Bindung ist dafür verantwortlich, dass es bei den Oxidkeramiken nur lokalisierte Elektronen gibt. Das bedeutet im Gegensatz zu Metallen oder Metalllegierungen können sich keine Elektronen aus dem Materialgefüge herauslösen und unerwünschte Wechselwirkungen – wie beispielsweise Korrosion – verursachen.

Stabilität...brechen Keramikimplantate?

Keramikimplantate und Frakturen

Im Vergleich zu anderen Oxidkeramiken (wie beispielsweise Aluminiumoxid) zeigt Zirkonoxid deutlich überlegene biomechanische Eigenschaften (hohe Biegefestigkeit und Bruchzähigkeit, geringes Elastizitätsmodul). Diese verbesserten mechanischen Eigenschaften sind dafür verantwortlich, dass ZrO2-Implantate den Kaukräften in der Mundhöhle standhalten können.

Ein wichtiger Faktor bezüglich der Frakturhäufigkeit sind die Produktionsverfahren der Implantate, insbesondere die Methode zur Schaffung der mikrorauen Oberflächentopografien. Wissenschaftliche Untersuchungen konnte zeigen, dass Unkontrollierte Herstellungsverfahren zur Schaffung mikro-rauer Oberflächen die Bruchfestigkeit von ZrO2-Implantaten erniedrigen können.

Aus den eben genannte Gründen sind daher die Herstellungsverfahren zur Schaffung mikro-rauer Oberflächen von entscheidender Bedeutung und müssen auf die Materialeigenschaften von ZrO2 angepasst werden. Darüber hinaus müssen am Ende des Herstellungsprozesses standardisierte Qualitätskontrollen durchgeführt werden, die sicherstellen, dass durch die Herstellungsverfahren das Materialgefüge der Oxidkeramik ZrO2 nicht beschädigt wurde. Durch diese auf die Materialeigenschaften angepasste Herstellungsverfahren können mittlerweile ZrO2-Implantate hergestellt werden, die ein ähnliche Frakturrate aufzeigen wie Titanimplantate: die Frakturanfälligkeit von ZrO2 Implantaten wurde als Co-Faktor in einer Metaanalyse untersucht. Dabei wurden alle klinischen Studien zu ZrO2-Implantaten integriert, die zwischen 2004 und 2017 veröffentlich wurden und mindestens 10 Patienten für einen Zeitraum von 12 Monaten nachuntersucht haben. Die Autoren konnten zeigen, dass sich die Frakturrate zwischen 2004 und 2017 von 3,4% auf 0,2% verbessert hat.

Phasentransformation...Einfluss auf die Stabilität?

Phasentransformation

Ein wichtiger Begriff in dem Zusammenhang mit Frakturanfälligkeit ist die Phasentransformation von Zirkonoxid. Dieser bezeichnet den Übergang einer bruchsicheren Phase (tetragonale Phase) in eine bruchanfälligere Phase (monokline Phase). Diese Umwandlung ist mit einer Volumenexpansion verbunden und kann die Ausbreitung von mechanisch bedingten Mikrorissen im Materialgefüge stoppen. Bei falscher Behandlung oder Bearbeitung des keramischen Werkstoffgefüges (z. B. unkontrolliertes Beschleifen, nicht auf das Materialgefüge optimierte Herstellungsverfahren) kann jedoch diese Umwandlung schon frühzeitig ausgelöst werden. Dadurch können eventuelle spätere Mikrorisse nur bedingt kompensiert werden. Bearbeitungstechnologien wie bei Metallen können und dürfen nicht ohne weiteres aus ebendiesen Gründen auf Keramikwerkstoffe angewendet werden, da das Material bei falscher Handhabung in seiner Struktur geschädigt werden kann. Diese Tatsache muss sowohl von den Herstellern als auch von den Anwendern berücksichtigt werden.

Roehling S, Gahlert M. Keramische Zahnimplantate – wissenschaftliche Grundlagen und klinsiche Anwendung. Zahnmedizin up2date 2015;5:425-444.

Komposite Keramiken...wo sind die Unterschiede im Material?

coming soon

Hydrothermale Degradation... altern Keramikimplantate?

coming soon

  Biologische Faktoren

Keramikimplantate... gibt es klinische Vorteile?

Keramikimplantate – klinisch relevante Vorteile gegenüber Titanimplantaten?

Durch die Entwicklung von mikrorauen Oberflächen sind Titanimplantate zu einer extrem verlässlichen Behandlungsoption geworden. Klinische Studien berichten von Überlebens- und Erfolgsraten von über 95% für Nachuntersuchungszeiträume von bis zu 10 Jahren.

Daher ist der Hauptgrund für die Etablierung eines alternativen Implantatmaterials – wie beispielsweise Zirkonoxid – nicht primär in einer weiteren Verbesserung osseointegrativen Eigenschaften bzw. der Einheilquoten zu suchen. Vielmehr geht es darum, ob durch eine neues Implantatmaterial klinisch relevante Vorteile entstehen können. Pathologische Gewebeveränderungen an Implantaten – wie beispielsweise peri-implantäre Infektionen – gehören zu den Hauptgründen für Früh- und Spätverluste bei Titanimplantaten und können daher die klinische Verlässlichkeit negativ beeinflussen. In diesem Zusammenhang muss eine reversible Entzündung beschränkt auf das peri-implantäre Weichgewebe, genannt Mucositis, von einer Entzündung unterschieden werden, die sowohl das peri-implantäre Weich- und Hartgewebe betrifft, genannt Peri-Implantitis. Wissenschaftliche Untersuchungen beschreiben eine Inzidenz von 43% für die Mukositis und von 22% für die Peri-Implantitis. Eine klinisch äußerst relevante Frage ist, ob durch die Verwendung von Zirkonoxid als Implantatmaterial das Risiko und das Ausmaß von peri-implantären Infektionen in Vergleich zu Titan reduziert werden kann.

Die Ausbildung einer Peri-Implantitis ist als multifaktoriell anzusehen. Ein wichtiger Punkt hierbei ist die mikrobielle Kolonisierung auf Implantatoberflächen. In einer experimentellen in vitro Studie wurde daher zunächst die Biofilm-Bildung untersucht. Zu diesem Zweck wurde auf glatten und mikrorauen Titan- und Zirkonoxidoberflächen jeweils ein in vitro 3-Spezies Biofilm (bestehend aus Streptococcus sanguinis, Fusobacterium nucleatum und Porphyromonas gingivalis) oder ein Biofilm, der aus humanen Plaque-Proben gewonnen wurde, aufgetragen. Anschließend erfolgte eine Inkubation für 72h in einer anaeroben Fliesskammer. Die rasterelektronische Untersuchung zeigte einen strukturierten, organisierten Biofilm nur auf den mikrorauen Titanoberflächen, wohingegen auf den anderen Oberflächen lediglich nicht-strukturierte Bakterienansammlungen zu finden waren. Bei der Bestimmung der Dicke des gebildeten Biofilms zeigte sich sowohl beim 3-Spezies als auch beim human-Plaque Biofilm eine signifikant geringere Biofilm-Dicke bei Zirkonoxid im Vergleich zu Titan. Im Gegensatz dazu ergab die Bestimmung der gebildeten Biofilm-Masse nur bei den human-Plaque Proben signifikant weniger Biofilm auf Zirkonoxid im Vergleich zu Titan, wohingegen die Analyse des 3-Spezies Biofilms keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Materialien ergab.

Unabhängig von diesen Ergebnissen ist jedoch unklar, ob Materialeigenschaften – Zirkonoxid im Vergleich zu Titan – auch einen Einfluss auf entzündlich bedingten peri-implantären Knochenverlust haben. Um diese Frage zu beantworten wurde eine Tierstudie durchgeführt, die zum ersten Mal eine künstlich verursachte Peri-Implantitis bei ZrO2– im Vergleich zu Titanimplantaten in vivo untersuchte. Im Hundemodell wurden 18 Wochen nach initial durchgeführter Zahnextraktion beide Implantattypen im Unterkiefer inseriert. Nach 6-wöchiger, unbelasteter Einheilung erfolgte die prothetische Versorgung der Implantate mit Einzelkronen. Nach einer funktionellen Belastung von 4 Wochen wurden die Mundhygienemaßnahmen gestoppt und peri-implantäre Infektionen, durch die subgingivale Platzierung von Baumwollfäden im Bereich der Implantatschultern, verursacht (aktive Entzündungsphase). Nach 8 Wochen wurden die Baumwollfäden entfernt und es folgte eine spontane Entzündungsphase von 16 Wochen, bei der weiterhin keine Mundhygienemaßnahmen durchgeführt wurden. Während der aktiven und spontanen Entzündungsphase wurden alle 2 Wochen standardisierte Röntgenaufnahmen zur Bestimmung des peri-implantären Knochenabbaus angefertigt. Am Ende der Studie zeigten die ZrO2-Implantate statistisch signifikant geringeren peri-implantären Knochenabbau als die Titanimplantate. Interessanterweise ging während der spontanen Entzündungsphase ein Titanimplantat verloren, wohingegen es bei den ZrO2-Implantaten zu keinem Implantatverlust kam.

Basierend auf diesen vorklinischen in vitro und in vivo Daten lässt sich ein Trend dahingehend erkennen, dass ZrO2-Implantate einen Vorteil gegenüber Titanimplantaten bei der Entstehung und beim Verlauf von peri-implantären Entzündungen haben könnten. Es ist jedoch dringend erforderlich, dass klinische Langzeitstudien diese experimentellen Ergebnisse bestätigen.

Hartgewebe und Osseointegration...wachsen Keramikimplantate ein??

Hartgewebeintegration

Damit Zirkonoxidimplantate als erfolgreich angesehen werden können, müssen sie ebenso wie Titanimplantate in den Knochen einheilen (osseointegrieren). Der Knochen-Implantat-Kontakt ist ein Maß für die Biokompatibilität eines Materials. Die letzten 5 Jahre brachten zahlreiche Publikationen hervor, die sich mit der Biokompatibilität von Zirkonoxidimplantaten beschäftigten und den Knochen-Implantat-Kontakt wie auch die biomechanische Stabilität als Surrogatparameter verwendeten.

Pieralli und Mitarbeiter untersuchten das Ausmaß der Osseointegration von Zirkonoxidimplantaten in tierexperimentellen Untersuchungen. Sie konnten am Ende in ihrer Übersichtsarbeit 54 Studien einschließen, die ihren Einschlusskriterien entsprachen. Für sie war der Knochen-Implantat-Kontakt (KIK; in %), das Ausdrehmoment (engl.: removal torque, RTQ; in Ncm), sowie die Eindrückkraft (push-in; in N) von Interesse. In ihren Analysen zum Knochen-Implantat-Kontakt über alle Tiermodelle gemittelt, zeigten die Titanimplantate einen mittleren KIK von 61% und die Zirkonoxidimplantate einen KIK von 57% – 63%. Der Unterschied zeigte sich als statistisch nicht signifikant.

Interessierte Leser finden in der Meta-Analyse nach beeinflussenden Variablen (Oberflächentopographie, Tiermodell, etc.) differenzierte Resultate. Bezüglich des Ausdrehmomentes fanden die Autoren keinen signifikanten Unterschied zwischen Titan- (103 Ncm) und Zirkonoxidimplantaten (95 Ncm). Im Rattenmodell waren, aufgrund der Größe der Implantate, keine Ausdrehversuche möglich. Aus diesem Grunde wurden Push-in Tests durchgeführt: auch hier ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen Titan (52 N) und Zirkonoxid (54 N). „Glatte” Oberflächen zeigten generell geringere Ausdrehmomente und Push-in Werte als „strukturierte“. Die Autoren schlussfolgerten aus den gefunden Resultaten, dass es offensichtlich grundsätzlich keinen signifikanten Unterschiede zwischen Titan und Zirkonoxid im Einwachsen in den Knochen gibt

In einem zweiten systematischen Review mit Metaanalyse von 37 präklinischen Untersuchungen, wurde die hart- und weichgewebige Integration von Zirkonoxidimplantaten untersucht. Die Untersuchungsvariablen waren erneut der KIK, das Ausdrehmoment und die Push-in Werte. Der KIK für Titanimplantate belief sich auf 59% und für Zirkonoxidimplantate auf 56% und zeigte daher keine signifikanten Unterschiede. Das Ausdrehmoment für Titan betrug 103 Ncm und 72 Ncm für Zirkonoxid. Im Gegensatz zum KIK war dieser Unterschied signifikant. Titan zeigte Push-in Werte von 25 N und Zirkonoxid von 22 N. Roehling und Kollegen beobachteten in ihrem Review wesentlich niedrigere Werte für das Ausdrehmoment bei Zirkonoxidimplantaten und für das Push-in bei beiden Materialien. Die Autoren konnten jedoch zeigen, dass die berichteten signifikanten Unterschiede nicht auf die Materialeigenschaften – Titan gegenüber ZrO2 – sondern auf die unterschiedlichen Oberflächeneigenschaften zurückzuführen waren. In diesem Zusammenhang konnte in der Metaanalyse auch gezeigt werden, dass eine Oberflächenbearbeitung bzw. eine gesteigerte Oberflächenmikrorauheit mit einer gesteigerten ossären Integration der ZrO2-Implantate assoziiert war. Darüber hinaus könnten diese Unterschiede auch den verschiedenen Ein- und Ausschlusskriterien und den unterschiedlichen Studienprotokollen bzw. Tiermodellen zugeschrieben werden (54 Studien vs. 37 Studien). Daher schlussfolgerten Roehling et al. aus ihren Resultaten, dass eine identische Hart- und Weichgewebsintegration bei Titan- und Zirkonoxid-Implantaten vorliegt.

Statement der ESCI

Bei der Auswahl keramischer Zahnimplantate ist es sinnvoll nach wissenschaftlich evidenzbasierten Daten zu fragen, die dem jeweiligen Medizinprodukt zugrunde gelegt werden können und deren Erfolgswahrscheinlichkeit definieren. Aus den präklinischen Untersuchungen kann geschlossen werden, dass mikroraue Oberflächen bei Keramikimplantaten zu einer positiven Beeinflussung des KIK führen.

Weichgewebsintegration... Besonderheiten bei Keramikimplantaten?

Weichgewebsintegration

präklinisch

Für die Weichgewebsästhetik sind gesunde und konstante vertikale Dimensionen des peri-implantären Weichgewebes entscheidend. An Zähnen und Implantaten beinhalten die Weichgewebsdimensionen die Sulkustiefe, das Saumepithel und das bindegewebige Attachement, die gemeinsam als vertikale „Einheit“ die so genannte biologische Breite/den so genannten dentogingivalen Komplex bilden.

Aus parodontaler Sicht hat das peri-implantäre Weichgewebe eine ähnliche Barrierefunktion wie die dentogingivalen Gewebe und trägt dazu bei, bakteriell verursachte peri-implantäre Infektionen zu verhindern.

In einer Literaturübersicht stellten Nishihara et al. fünf vorklinische Untersuchungen vor, die sich mit der Weichgewebsantwort gegenüber Zirkonoxidimplantaten beschäftigten. Die Autoren stellten fest, dass die Mehrzahl der Untersuchungen keinen Unterschied in der Weichgewebsmorphologie zwischen Titan und Zirkonoxid zeigten. Der Weichgewebsring um den Implantathals bestand bei beiden Materialien aus einer ähnlich dicken Epithelschicht mit darunterliegender Bindegewebsschicht. Eine der vorgestellten Untersuchung zeigte eine Weichgewebshöhe von 4,5 mm für Zirkonoxidimplantate und 5,2 mm für die Titanimplantate. Die Ausdehnung des Epithels bei den beiden Materialien war vergleichbar (2,9 mm). Die Ausdehnung des Bindegewebes zeigte einen – statistisch nicht signifikant – Unterschied (Zirkonoxid: 1,5 mm; Titan: 2,4 mm). Die anderen Untersuchungen zeigten insgesamt eine geringere Weichgewebshöhe in der Größenordnung von 3 bis 4 mm, abhängig vom angewandten Tiermodell.

Materialeigenschaften – Zirkonoxid im Vergleich zu Titan – scheinen sich nicht signifikant auf die peri-implantäre Weichgewebsintegration auszuwirken. Daher zeigen beide Materialien ähnliche physiologische Prozesse bei der Entwicklung des peri-implantären Weichgewebes.

In weiteren experimentellen Studien konnte eine gleichwertige qualitative und quantitative Weichgewebsintegration und identische Dimensionen der biologischen Breite bei ZrO2– im Vergleich zu Titanimplantaten nachgewiesen werden. Für beide Materialien sind die biologische Breite und die peri-implantäre Papillenhöhe offensichtlich nicht vom Belastungs- und Operationsprotokoll sondern vom Implantatdesign und der Position des Mikro-Spalts zwischen Implantatschulter und prothetischer Supra-Konstruktion abhängig.

In einer experimentellen Studie wurde interessanterweise für ZrO2-Implanate über eine schnellere Reifung des peri-implantären Epithel- und Bindegewebes berichtet.

klinisch

Neben der Funktion ist das ästhetische Ergebnis ist für die Zufriedenheit der Patienten ausschlaggebend. Die Ästhetik wird von der Zahnkronen und dem umgebenden Weichgewebe beeinflusst. Von Bedeutung sind vor allem reizlose peri-implantäre Weichgewebeverhältnisse, charakterisiert beispielsweise durch den Gingivalrand oder die peri-implantäre Papillenbildung (rosa Ästhetik).

Klinische Daten, die eine objektive Beurteilung der peri-implantären Schleimhautverhältnisse erlauben sind selten. In Bezug auf den Papilla Index nach Jemt konnte ein signifikanter Anstieg der peri-implantären Papillen Bildung beobachtet werden. Die Autoren konnten zeigen, dass es zwischen dem Zeitpunkt der funktionellen Belastung und dem 3-Jares Follow-Up zu einem signifikanten Anstieg des Papilla Indexes kam.

Darüber hinaus wurden die peri-implantären Schleimhautverhältnisse mittels des «Pink Esthetic Scores (PES)» nach Fürhauser bewertet. Hierbei konnte in klinischen Studien ein konstanter Anstieg der PES Werte innerhalb der ersten 2 Jahre nach Implantation für 1- und auch 2-teilige Implantatdesigns beobachtet werden. Interessanterweise konnten in einer dieser Studien sogar signifikant höhere PES Werte für Keramikimplantate (prothetisch versorgt mit Keramikkronen, PES 6,9 – 11,2) im Vergleich zu Titanimplantaten (prothetisch versorgt mit Titanabutments und Keramikkronen, PES 2,4 – 10,8) festgestellt werden.

Für 1-teilige Keramikimplant-Designs wurde in klinischen Studien ebenfalls gezeigt, dass mit zunehmender Zeit der funktionellen Belastung ein signifikanter Anstieg der peri-implantären Papillenhöhe erreicht wird. Dabei war der Abstand zwischen dem Alveolarkamm am benachbarten Zahn und dem niedrigsten Punkt des Kontaktbereichs der angrenzenden Krone ein wichtiger Faktor für die peri-implantäre Papillenbildung.

  Klinische Aspekte

Prothetische Konzepte...einteilige und zweiteilige Systeme?

coming soon

Ästhetik...ein Vorteil von Keramikimplantaten?

coming soon

Augmentative Verfahren...was gibt es bei Keramikimplantaten zu beachten?

coming soon